Die Seenotretter der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) sind im Verlauf des Jahres 2013 insgesamt 2.081 Mal im Einsatz gewesen (2012: 2.117 Einsätze). Dabei haben die DGzRS-Besatzungen 718 Menschen aus Seenot gerettet oder Gefahr befreit (2012: 1.323). Die Einsatzzahlen liegen damit auf gleichbleibend hohem Niveau. Allerdings haben sich nach einigen Jahren mit auffallend vielen Geretteten diese Werte bei einer vergleichsweise kurzen Wassersportsaison auf dem Niveau der Jahre 2009 und zuvor stabilisiert.
Rock trifft Retter: Der bekannte Musiker Klaus Lage ist neuer ehrenamtlicher „Bootschafter“ der Seenotretter. Das Publikum kennt den gebürtigen Niedersachsen mit den lächelnden Augen hinter der ovalen, leicht getönten Brille vor allem durch das Lied „1000 und 1 Nacht“. Klaus Lage gehört seit drei Jahrzehnten zu den erfolgreichsten, umtriebigsten und zugleich beständigsten Protagonisten der deutschen Rockmusikszene. Die Seenotretter unterstützt er seit vielen Jahren mit großem Erfolg: Stets hat er auf seinen Tourneen das bekannte rot-weiße Sammelschiffchen dabei.
Lage löst den bekannten Moderator, Schauspieler und erfolgreichen Autor Yared Dibaba ab, der die Arbeit der Seenotretter im zurückliegenden Jahr mit großem Engagement begleitet hat. Unter anderem führt Dibaba gemeinsam mit einem waschechten Vormann durch einen neuen Kurzfilm der Seenotretter über die Menschen hinter der DGzRS und den Bau eines neuen Seenotkreuzers.
Am Dienstag, 21. Januar 2014, stellte Klaus Lage an Bord des Seenotkreuzers HERMANN MARWEDE die Einsatzzahlen der Rettungsflotte aus dem abgelaufenen Jahr vor:
2013 haben die Besatzungen der 60 Seenotkreuzer und Seenotrettungsboote in Nord– und Ostsee
- 65 Menschen aus Seenot gerettet,
- 653 Menschen aus drohender Gefahr befreit,
- 438 Mal erkrankte oder verletzte Menschen von Seeschiffen, Inseln oder Halligen zum Festland transportiert,
- 36 Schiffe und Boote vor dem Totalverlust bewahrt,
- 967 Hilfeleistungen für Wasserfahrzeuge aller Art erbracht sowie
- 513 Einsatzanläufe und Sicherungsfahrten absolviert.
In vielen Fällen griffen die Seenotretter frühzeitig ein und begrenzten so Schäden bereits im Vorfeld. Zudem sind sie 3.052 Mal in ihren Revieren zwischen Borkum im Westen und Ueckermünde im Osten auf Kontrollfahrt gegangen.
Darüber hinaus war die SEENOTLEITUNG BREMEN (Maritime Rescue Co-ordination Centre, MRCC BREMEN) in 238 Seenotfällen international im Interesse der deutschen Schifffahrt unterstützend oder initiativ tätig.
Einschließlich aller Such- und Rettungsaktionen sowie Kontrollfahrten haben allein die 20 Seenotkreuzer (die 40 Seenotrettungsboote nicht mitgerechnet) im vergangenen Jahr 71.998 Seemeilen (ca. 133.340 Kilometer) in Nord- und Ostsee zurückgelegt.
Seit ihrer Gründung am 29. Mai 1865 bis Ende 2013 hat die DGzRS insgesamt 80.916 Menschen aus Seenot gerettet oder Gefahrensituationen auf See befreit. Das entspricht der gesamten Bevölkerung der Stadt Villingen-Schwenningen (Baden-Württemberg) und übertrifft bereits deutlich die Einwohnerzahl von Minden (Nordrhein-Westfalen), Marburg (Hessen) oder der gesamten Insel Rügen (Mecklenburg-Vorpommern).
Die Einsatzzahlen 2013 verteilen sich auf die einzelnen Küsten wie folgt:
Niedersächsische Nordseeküste
Die Besatzungen der an der niedersächsischen Küste stationierten Seenotkreuzer und Seenotrettungsboote haben bei 604 (2012: 621) Einsätzen zwei (neun) Menschen aus Seenot gerettet und 108 (116) weitere aus Gefahrensituationen befreit.
Schleswig-Holsteinische Nordseeküste
Die Stationen an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste registrierten 289 (279) Einsätze. Die dortigen Mannschaften retteten 14 (sieben) Menschen aus Seenot und befreiten weitere 68 (52) aus Gefahrensituationen.
Schleswig-Holsteinische Ostseeküste
An der Ostseeküste Schleswig-Holsteins waren die Seenotretter 697 (698) Mal im Einsatz. Sie retteten 29 (26) Menschen aus Seenot und befreiten weitere 224 (441) aus Gefahrensituationen.
Mecklenburg-Vorpommersche Ostseeküste
In Mecklenburg-Vorpommern waren die DGzRS-Rettungseinheiten zu 491 (519) Einsatzfahrten unterwegs. Ihre Besatzungen retteten 20 (18) Menschen aus Seenot und befreiten weitere 263 (466) aus Gefahrensituationen.
In den Bordtagebüchern geblättert
Zu den herausragenden Einsätzen des Jahres 2013 gehört die Rettung zweier Männer von ihrem sinkenden 13-Meter-Kutter durch den Seenotkreuzer VORMANN JANTZEN vor Fehmarn am 20. April.
Ein Feuer an Bord zerstörte am 10. Juni eine Segelyacht in der Hohwachter Bucht. Die Freiwilligen-Besatzung des Seenotrettungsbootes HEILIGENHAFEN brachte den allein segelnden Skipper sicher an Land, sein Boot sank.
Dramatisch war auch die Situation am 14. Juni in stürmischen Böen an Rügens Nordküste: Das Tochterboot des Seenotkreuzers HARRO KOEBKE/ Station Sassnitz rettete zwei unterkühlte Segler, deren acht Meter langes Boot gekentert war.
Die freiwilligen Seenotretter aus Travemünde wiederum waren am 30. Juli zur rechten Zeit am rechten Ort. Sie nahmen drei Mädchen und zwei Jungen an Bord, die mit ihren Tretbooten 700 Meter vom Strand entfernt in einen Großschifffahrtsweg auf die offene Ostsee abgetrieben waren.
Die einsetzende Flut überraschte am 3. August drei Biologen, die bei Ebbe auf dem Meeresgrund mit der Seegraskartierung begonnen hatten. Beim Eintreffen des Seenotkreuzers ALFRIED KRUPP/Station Borkum stand einer der Männer bereits bis zur Hüfte im Wasser.
Noch gefährlicher war die Situation für zwei Wattwanderer am 24. August vor Büsum: Ein vollgelaufener Priel schnitt dem Paar samt Hund den Rückweg zum Festland ab. In Unkenntnis der Gefahr versuchten die Wattwanderer, den Priel schwimmend zu durchqueren, und trieben dabei innerhalb kürzester Zeit weit auseinander. Der Seenotkreuzer THEODOR STORM rettete Menschen und Tier.
Einen ebenfalls „tierischen“ Einsatz fuhren die Seenotretter am 10. August vor Warnemünde: In den Rostocker Seekanal hatte sich ein ausgewachsenes Reh verirrt. Mit see- und waidmännischem Sachverstand nahmen die Seenotretter das Tier an Bord und setzten es unversehrt an Land.
Für einen Fischer endete seine Fangfahrt nach dem Sinken seines kleinen Krabbenkutters auf der Nordsee am 27. August an Bord des Seenotrettungsbootes HERMANN ONKEN/Station Fedderwardersiel.
An einer der umfangreichsten SAR-Maßnahmen (SAR = Search and Rescue, Suche und Rettung) des Jahres 2013 war die DGzRS schließlich am 28. September beteiligt. Der reibungslosen internationalen Zusammenarbeit bei einer groß angelegten Suche zwischen Rügen, Bornholm und Südschweden mit Seenotkreuzern, Behörden- und Frachtschiffen verschiedener Nationen verdankt ein von einer Ostseefähre über Bord gegangener Mann sein Leben.
Aus der Rettungsflotte
Zu den Höhepunkten aus Sicht der Seenotretter im Jahr 2013 zählt der Bau eines neuen 20-Meter-Seenotkreuzers für die Station List. Die Taufe des vierten Spezialschiffes dieser Klasse erfolgte am 14. Dezember. Den Namen bestimmte erstmals in der Geschichte der DGzRS ein Spendenwettbewerb.
Unter dem Motto „Reetdach gegen Reeperbahn! Wer spendet mehr: Sylt oder Hamburg?“ hatten Freunde der Insel wie der Hansestadt seit März 2013 mehr als 1,4 Millionen Euro für den Neubau gespendet. Der Spenden-Endstand Anfang Dezember entschied, dass der neue Seenotkreuzer einen Namen mit Bezug zu Sylt und sein Arbeitsboot einen Namen mit Bezug zu Hamburg tragen soll. Aus hunderten Vorschlägen wählte die DGzRS die Namen PIDDER LÜNG und MICHEL aus.
Im Herbst 2013 hat die DGzRS den Auftrag zum Bau des Typschiffs für eine völlig neue 28-Meter-Klasse an die Werft Fr. Fassmer in Berne an der Unterweser vergeben. Der erste dieser Seenotkreuzer mit der internen Bezeichnung SK 35 soll 2015 im Rahmen der Feierlichkeiten zum 150-jährigen Jubiläum der DGzRS getauft und in Dienst gestellt werden. Die neuen Schiffe sind als leistungsfähige Nachfolger der 27,5-Meter-Klasse vorgesehen. Das Typschiff ist nach derzeitigen Planungen für die Station Amrum bestimmt.
Ferner hat die DGzRS im Rahmen der ständigen Modernisierung der Rettungsflotte den Auftrag zum Bau eines modifizierten Nachbaus der bewährten 10,1-Meter-Klasse erteilt. Die Rostocker Werft Tamsen Maritim wird dieses neue Seenotrettungsboot mit der internen Bezeichnung SRB 65 für eine Freiwilligen-Station bauen. Es soll ebenfalls 2015 im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten getauft werden. Nicht zuletzt würdigt die Gesellschaft damit die Einsatzbereitschaft der rund 800 freiwilligen Seenotretter. Auf welcher Station dieser Neubau zum Einsatz kommen wird, steht noch nicht fest. Bereits 19 Einheiten dieser Klasse haben sich in zahlreichen Einsätzen auch unter extremen Bedingungen zur Zufriedenheit der Besatzungen in allen Revieren hervorragend bewährt.
Wie alle Rettungseinheiten der DGzRS werden die Neubauten im bewährten Netzspantensystem vollständig aus Aluminium gebaut, als Selbstaufrichter konstruiert und ausschließlich durch freiwillige Zuwendungen finanziert. Ihr Bau wird auf der Internetseite der Seenotretter zu verfolgen sein (www.seenotretter.de/werfttagebuch).
150 Jahre DGzRS
Intensiv bereiten sich die Seenotretter auf das 150-jährige Bestehen der DGzRS 2015 vor. Höhepunkte der Feierlichkeiten im Jubiläumsjahr werden ein Festakt im Bremer Rathaus am 29. Mai, dem Gründungstag der DGzRS, sowie eine sich anschließende Festwoche in Bremerhaven sein.
Im Zentrum stehen die Taufen der beiden neuen Rettungseinheiten. In Bremerhaven finden zeitgleich Konferenz und Kongress der International Maritime Rescue Federation (IMRF) statt. Dazu hat die DGzRS ihre ausländischen Schwesterorganisationen eingeladen. Neben einer Parade mit vielen Rettungseinheiten aus dem In- und Ausland auf der Weser vor Bremerhaven sind umfangreiche Besichtigungsmöglichkeiten dieser Schiffe für die interessierte Öffentlichkeit und eine begleitende Fachmesse geplant. Die DGzRS war erst ein Mal (1959) Gastgeber dieses Forums des internationalen Zusammenschlusses der Seenotrettungsdienste weltweit.
Der Programmbeirat des Bundesfinanzministeriums hat der DGzRS anlässlich ihres Jubiläums ein Sonderpostwertzeichen zugestanden. Außerdem wird die Bundesrepublik Deutschland 2015 auch eine Zehn-Euro-Gedenkmünze zum Thema 150 Jahre Seenotretter herausgeben. Für die DGzRS, die gespannt auf die Motive ist, die letztlich ausgewählt werden, ist beides gleichermaßen Anerkennung ihrer Arbeit auf See und an Land sowie wertvolle Unterstützung ihrer Jubiläums-Aktivitäten.
Tag der Seenotretter 2014
Spendern, Freunden und allen Interessierten bietet die DGzRS auch 2014 wieder die Gelegenheit, sich vor Ort ein Bild von der Einsatzbereitschaft ihrer Besatzungen und der Leistungsfähigkeit ihrer Rettungseinheiten zu machen. Erneut findet am letzten Sonntag im Juli, somit am 27. Juli 2014, der „Tag der Seenotretter“ statt.